HEMMER, Léon (1874-1947)

Léon Hemmer ist höchstwahrscheinlich ein Gründungsmitglied des AVL. Leider wissen wir nicht wirklich viel über ihn und müssen spekulieren.

Leben

Laut unserer Kenntnis1 wurde Léon Hemmer am 8. Dezember 1874 in Esch-Alzette geboren, sein Vater war Beamter.

Als Student

Er schrieb sich 1894 in Aachen für das Fach “Hüttenkunde” ein, er erhielt die noch dreistellige Matrikelnummer 927 und nimmt zumindest zunächst in der Junckerstrasse 54 seine Wohnung2. In Aachen schliesst er sich zunächst dem in genau dem Wintersemester 1894/95 wiedereröffnetem3 Verein der Chemiker und Hüttenleute an, zusammen mit weiteren Luxemburgern: François Paquet, Funck Victor, Simon Spedener und Wilhelm Raters. Letzterer ist bereits schon länger in Aachen und übernimmt bei der Neubegründung der Montania sogar eine führende Rolle. Hemmer tritt allerdings bereit im folgenden Jahr wieder aus, genau wie Paquet (1896) und Funck (1895), derweil Spedener zwar bleibt, aber bereits 1897 stirbt und Raters sogar Vereinsämter bekleidet. Bei dem vorangegangenem Streit war es um die Frage “Farben tragen” und “unbedingte Satisfaktion geben” gegangen. Die alten Herren war dagegen, die Jungen dafür und letztere setzen sich 1897 endgültig durch. Können wir daraus schliessen, dass Hemmer, Funk und Paquet das Mensurenschlagen ablehnten? Wir wissen es nicht, aber die Luxemburger sind nicht die einzigen die dem Verein den Rücken kehren.
In seiner Heimatstadt Esch fällt er einmal unangenehm auf, als er am 7. August 1895 ausgerechnet den Chefredakteur der Lokalzeitung Escher Courrier4 von anpöbelt, der diesem Vorfall in der Zeitung ein paar Zeilen5 widmet und ihn wie folgt beschreibt:

eine hagere Gestalt, von bornirter Physionomie, gröblich verschimpft. (..) Herr Leo H., der Hauptangreifer, ist ein mehrmals in der Industrieschule zu Luxemburg durchgeplumpster Student der polytechnischen Schule in Aachen, und es wäre angerathen, den wüsten Gesellen lieber während der Ferien hinter den Büchertisch anzufesseln, als denselben, bewaffnet mit ererbten väterlichen Rachegedanken in die Cafes zu senden, um achtbare Leute zu beschimpfen und mit dem Revolver zu bedrohen, sowie die Herren Gäste und den Wirth durch sein skandalöses Wesen zu erregen und zu ärgern.

Es gab unseres Wissens 1895 nur einen Luxemburger Studenten aus Esch, der Leo hiess und dessen Vorname mit H anfängt: Leo Hemmer! Chefredakteur des Courrier war wiederum niemand anderes als Dr. Michel Welter, später ein bedeutender Politiker, Abgeordneter und Gründer des Vorläufers der Luxemburger Sozialistischen Arbeiterpartei, dessen Sohn Robert später selber in Aachen studieren wird.
Was wohl die “ererbten väterlichen Rachegedanken” waren? Diese doch recht bierseelige Geschichte lässt einen zumindest zweifeln, dass Leo jemand gewesen wäre, dem es Schwierigkeiten bereitet hätte, sich mit anderen zu duellieren, also die Satisfaktionsfrage für ihn ein Grund gewesen wäre, der Montania den Rücken zu kehren.

Da Quellen fehlen, wissen wir auch nicht ob Léon Hemmer den A.V. d’Letzeburger mitgegründet hat, was wir aber wissen ist, dass er 1901 bei der Fahnenweihe mit aufs Foto kommt. Er ist einer der sitzen darf und sitzt dort zwischen den Ehrengästen aus Löwen. Dies könnte damit zu tun haben, dass er 1901 das Studium bereits abgeschlossen haben muss, die Liste Roth führt ihn dort als Absolventen des Jahres 1900 auf. Dass er als Alter Herr sich zum Fotoshooting zum A.V.L. begeben hatte, könnte daran liegen, dass er vielleicht Anverwandte in Aachen hatte? Die Todesanzeige von 1948 für seine Frau Elise SCHOELLER 6 legt nahe, dass es sich um eine Deutsche, höchstwahrscheinlich eine Aachenerin gehandelt hat.

Berufsleben

Was Léon arbeitete und wo, ist nicht bekannt. Angesichts des Studiums Hüttenkunde, seiner Herkunft aus Esch und seines Wohnortes Berchem, ist anzunehmen dass er als “Schmelzeningenieur” gearbeitet hat. Seiner Todesanzeige die am 20.09.1947 im Escher Tageblatt erschien7 können wir aber entnehmen, dass er in Luxemburg gelebt hat. Er lässt sich einäschern, ebenso wie das Jahre darauf seine Frau und ihre Anzeigen erscheinen im Escher Tageblatt.

Quellfussnoten

  1. Eintrag im Hochschularchiv bei der Einschreibung. Akte No 10165/94 []
  2. Ebenda []
  3. Siehe Max Eckert: der Aachener Student, Seite 495:

    Zitat:

    Im W. S. 1893/94 und im S. S. 1894 ruhte das Vereinsleben. Die Aktivitas war ohne Befragen des Altherrenverbands dazu übergegangen, volle Farben zu tragen, hatte sich eigene Waffen beschafft und deren Anerkennung gegen die Bestimmungsmensuren schlagender Aachener Korporationen erfochten. Der Altherrenverband mißbilligte den eigenmächtigen Schritt der Aktiven. Die Folge war die Auflösung des Vereins für die beiden genannten Semester.

    Im Oktober 1894 wurde der Verein durch die Studierenden v. Campe, v. Giese und Raters mit den alten Grundsätzen wieder aufgetan. 1897 wurden indessen erneut eigene schwere Waffen zugelegt und die Mitglieder auf den Grundsatz unbedingter Genugtuung verpflichtet.

    []

  4. Der Escher Courrier war eine politische Zeitung im 19. JH. []
  5. Lokal-Nachrichten.. In: Escher Courrier, nº 38 (07.08.1895), p. 3.
    [Digitised by the National Library of Luxembourg, https://persist.lu/ark:70795/135c73q3c/pages/3/articles/DTL49]

    Esch. Als am Sonntag gegen Abend unser Chefredakteur in seiner angeborenen Gemüthlichkeit ruhig in Gedanken durch die Avenue de la Gare ging, wurde er ohne jede Ursache von drei ihm unbekannten jungen Herren, anscheinend den besseren Ständen und der Studentenzunft angehörend, angerempelt und von einem derselben, eine hagere Gestalt, von bornirter Physionomie, gröblich verschimpft. Verblüfft, ob solcher Ungezogenheit auf öffentlicher Straße ließ der Herr Redakteur die polternden Lümmel vorbeigehen, welche sich zum Aerger der Zuschauer lärmend wie gemeine besoffene Cheminots in das Cafe K begaben. Um die Identität der losgelassenen Bengels festzustellen, folgte der Beleidigte in das Cafe, wo er zur Indignation mehrerer anwesenden Herren wieder die unflätige Fluth des Haupthelden über sich ergeben ließ und die brutalen Angriffe mit Verachtung und einigen heilsamen Ermahnungen abfertigte. Er hielt es unter seiner Würde, die sich als Studenten entpuppenden Jungens nach Verdienst und gemäß Anweisung der übrigen Herren Gäste durch Stockprügel am Leibe abzustrafen und überläßt lieber diese Mühe den Herren Papa’s und den Anstalten, welchen es zur größten Ehre gereicht, am Ende des Schuljahres Subjekte heimzuschicken, welche in Punkt Injurien-Vokabulär es zu einem Grade der Vollkommenheit gebracht haben, welche sie befähigt, mtt dem schlimmsten Waschweib zu konkurriren ; Herr Leo H., der Hauptangreifer, ist ein mehrmals in der Industrieschule zu Luxemburg durchgeplumpster Student der polytechnischen Schule in Aachen, und es wäre angerathen, den wüsten Gesellen lieber während der Ferien hinter den Büchertisch anzufesseln, als denselben, bewaffnet mit ererbten väterlichen Rachegedanken in die Cafes zu senden, um achtbare Leute zu beschimpfen und mit dem Revolver zu bedrohen, sowie die Herren Gäste und den Wirth durch sein skandalöses Wesen zu erregen und zu ärgern. In der Hoffnung, daß es noch Zeit ist, den bedauernswerten jungen Mann auf bessere Wege zu lenken, haben wir der Gendarmerie diese Skandalscene zu Protokoll übergeben und werden gelegentlich an das Rektorat in Aachen ein betreffendes Zeugniß gelangen lassen, mit der ergebenen Bitte, bei ihrer Entlassung in die Ferien besonders den unbändigen jungen Herrn nähere Anweisungen zu ertheilen über ihr Betragen in der schönen Erholungszeit. NB. Heute Morgen begegneten wir dem jungen L. H., welcher uns unter höflichem Gruß um eine Audienz in unserm Redaktionsstübchen bat, die auch bereitwilligst gewährleistet wurde. Wir konnten uns nicht genug wundern über das höfliche und geschäftsmäßige Benehmen des vorgestrigen so gereizten Patrons und als er uns beim Abschied noch bestens Glück zu unserm Unternehmen als Redakteur des Courriers wünschte, war fast unser Groll vergessen; eine geeignete väterliche Douche wird kühlend gewirkt haben, und wenn Herr L.H. auf dem seither betretenen Wege der Tugend und guten Gesittung fortschreitet, ist noch nicht Hopf und Malz verloren. Nichts für ungut. Den beiden Herren wegen ihrer verhältnißmäßigen Zurückhaltung, bedingungsweise provisorisch schweigende Verzeihung.

    []

  6. Mme Vve Léon Hemmer née Elise SCHOELLER. In: Escher Tageblatt, 1949. Jg., nº 146 (28.06.1949), p. 5.
    [Digitised by the National Library of Luxembourg, https://persist.lu/ark:70795/nmb7w7/pages/5/articles/DTL367]

    Nous avons la profonde douleur de faire part du décès de notre regrettée mère, belle-mère, soeur, belle-soeur, tante et cousine M
    Mme Vve Léon Hemmer née Elise SCHOELLER
    décelé à Berchem, le 31 juin 1948, après une longue et pénible maladie, à l’âge de 69 ans. L’incinération a eu lieu à Strasbourg dans la plus stricte intimité.
    LA FAMILLE ÉPLORÉE.
    Berchem, Bruxelles, Luxembourg et Allemagne. Cet avis tient lieu de lettres de faire-part. 299

    []

  7. Monsieur Léon Hemmer ingénieur. In: Escher Tageblatt, 1947. Jg., nº 216 (20.09.1947), p. 9.
    [Digitised by the National Library of Luxembourg, https://persist.lu/ark:70795/m4vdrz/pages/9/articles/DTL565]

    Madame Léon Hemmer Schoeller, ses enfants et les familles apparentées ont la profonde douleur de taire part de la perte cruelle qu’ils viennent d’éprouver en la personne de
    Monsieur Léon Hemmer ingénieur
    décédé à Luxembourg (clinique Ste. Thérèse), te 16 septembre 1947, à l’âge de 73 ans. 4709 L’incinération a eu lieu à Strasbourg. Berchem, Bruxelles, Luxembourg, le 20 septembre 1947.

    []